Aufgrund von Kapazitätsengpässen im morgendlichen, mittäglichen Schulbusverkehr und in Hauptverkehrszeiten testete der Verkehrsbetrieb der Stadtwerke Landshut zu Beginn der 1990er Jahre verschiedene Großraumsysteme im Personennahverkehr. Nachdem der Gelenkbus das geeignete Fahrzeug für stark frequentierte Linien zu sein schien, wurden 1993 erstmals in der Geschichte von Landshut zwei Gelenkbusse ausgeschrieben. Sie sollten zur Verstärkung stetig steigender Schülerzahlen der bis dahin eingesetzten etwa zwölf Meter langen Fahrzeuge dienen und waren auch als Rationalisierungsmassnahme gedacht.
MAN lieferte Anfang Oktober 1993 zwei Neufahrzeuge vom Typ NG 272 (A11), die zunächst nur bei den Fahrgästen aufgrund des grossen Innenraums beliebt waren. Das Personal hatte zu Beginn noch so seine liebe Not mit den riesigen Fahrzeugen in einer Zeit, als nur maximal zwölf Meter lange Fahrzeuge ihre Runden durch die niederbayerische 65.000-Einwohner-Stadt drehten. Haltestellen mussten angepasst, Buskehren angelegt werden. In der Farbe Elfenbein/Rubinrot in Dienst gestellt, war der 61er schon immer ein Verwandlungskünstler. Bereits nach kurzer Zeit erhielt er einen pinken Zierstreifen an der Front und über den Seitenfenstern und fuhr für ein hiesiges Schuhgeschäft Reklame.
Pink Panther: Wg. 61 in Elfenbein/Rubinrot mit Sutor-Reklame am Hauptbahnhof Landshut (Foto mit freundlicher Genehmigung von Martin Meyer)
Später verlor der Gelenkbus seine pinken Streifen und tauschte die umlaufende Zierlinie gegen eine gelbe. Der Werbepartner blieb gleich und war durchaus zufrieden mit der großen Werbefläche des Riesen.

Gelbhaut: Sutor-Werbung Teil 2 in der Landshuter Altstadt, als die Linien noch durch die heutige Fußgängerzone führten. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Dominik Menath)
Moderne Zeiten brachen an, als der Verkehrsbetrieb der Stadtwerke Landshut moderner wirken wollte. Aus diesem Grunde wurden 1997 drei neuabgelieferte Neoplan N 4021 NF in Reinweiß und Verkehrsrot abgeliefert und alle künftigen Neufahrzeuge so bestellt. Auch ältere Fahrzeugtypen sollten die neuen Farben erhalten, die ihnen im Fall der MAN-NG Baureihe nicht besonders gut zu Gesicht standen. Die Zeit geht halt nicht spurlos an einem vorüber: neue Sitzpolster und allseitig Matrixanzeigen machten den MAN fit für ein paar weitere Jährchen.

Pommes Schranke: Wg. 61 in Reinweiß/Verkehrsrot mit „Magerwerbung“ www.familyCare.la (Foto mit freundlicher Genehmigung von Achim Woisetschläger)
Nach über 40 Jahren endete die Ära der Landshuter Stadtfarben in Weiß- und Rot-Tönen im Jahre 2008, als die Werkleitung der Stadtwerke ein neues Farbdesign in Reinweiß und Himmelblau beschloss. Der Verkehrsbetrieb war nicht besonders erfreut die für Landshut typischen Farbtöne Weiß/Rot aufzugeben. Doch es half alles nichts. Einen mehrstelligen Eurobetrag kostete die vorgeschriebene Umlackierungsaktion, die pure Empörung bei Bevölkerung und Fahrgästen hervor rief. Es hagelte Beschwerden, war Weiß/Rot doch schon immer „die“ Farbe in und für Landshut. Doch die Umlackierung der mit etwa 55 Stück umfassenden Fahrzeugflotte musste binnen weniger Wochen auf Weisung rasch durchgeführt werden. Erstes Fahrzeug im neuen Farbschema Reinweiß und Himmelblau ist ein Mercedes-Benz Citaro 1, Wg. 32, der immer noch mit ähnlicher Apple MacBook Werbebeklebung im Einsatz steht. Dieser weist als einziger der ersten Citaro-Generation „blaue Ohren“ – sprich blaue Außenspiegel – auf.
Kurios: Ist jedes Fahrzeug schnell von Reinweiß/Verkehrsrot auf Himmelblau komplett umlackiert, gibt es ein paar Ausreißer im „Zwitterlook“ Reinweiß/Verkehrsrot mit himmelblauem Zierstreifen und neuem himmelblauen Stadtwerke-Logo – ein ungewöhnlicher Anblick auf den Strassen Landshuts. Dies sind neben dem MAN NG 272.2, Wg. 61, auch noch ein Mercedes-Benz Citaro 1, Wg. 31, und ein Mercedes-Benz Citaro 1 G, Wg. 86. Wohl nur wegen Fahrzeugmangel waren die drei genannten Fahrzeuge in dieser „Übergangslackierung“ im Liniendienst unterwegs.
Der Weiß-Rot-Blaue am Hauptbahnhof. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Achim Woisetschläger)
Interessanterweise haben zwei Busse diese „Lackierungswut“ ganz oder teilweise verschlafen: ein Mercedes-Benz O 405 N 1, Wg. 17, der bis zu seiner Pensionierung im Frühjahr 2011 sein ursprüngliches Farbkleid Elfenbein/Rubinrot nicht ablegen wollte. Und ein MAN NG 272.2, Wg. 60, der ebenfalls ab Werk sein schniekes Farbkleid in Elfenbein/Purpurrot trug. Das gefiel ihm so gut, dass er sich erst sehr spät Ende 2010/Anfang 2011 im Rahmen eines Bodyliftings für etwas völlig Neues entschied. Er übersprang einfach die Farben Reinweiß/Verkehrsrot und ließ sich auf seine alten Tage noch das ultramoderne Reinweiß/Himmelblau verpassen. Mit dieser Lackierung wirkt er wie sein Bruder 61 fast pausbäckig mit ausladendem Kinn doch etwas verunstaltet.
Lediglich ein Fahrzeug war noch Reinweiß und Verkehrsrot als schon alle (bis auf Wg. 17 und 60, siehe oben) umlackiert waren. Dieser Nachzügler, ein Mercedes-Benz Citaro 1, Wg. 27, war bei seinem Hersteller in Revision und schaute nicht schlecht aus seinem weiß-roten Blechkleid, als seine Brüder plötzlich alle Blau machten. Er fuhr so noch kurze Zeit darüber erbost und errötet weiter, bis auch er zu tief ins Farbglas blickte. Doch auch den weiß-blauen 61er erwischte es – sein Stern begann langsam zu sinken. Er fuhr noch gut fünf Jahre weiter und trug die hellblaue Maxi-DSL-Werbung bis zu seiner Ausmusterung.
Noch gut im Lack: Komplett Reinweiß-Himmelblau im Betriebshof nach einem morgendlichen Schulbuseinsatz. Dies war die letzte Lackvariante des Fahrzeugs (Foto mit freundlicher Genehmigung von Achim Woisetschläger)
Am 08.09.2013 wurden die Feierlichkeiten „111 Jahre Verkehrsbetrieb der Stadt Landshut – 60 Jahre Dieselbusse in Landshut – 20 Jahre Gelenkbusse in Landshut – 5 Jahre Airport-Linie Flughafen München – Landshut“ begangen. Außer mehreren historischen Omnibussen waren die alten Busbaureihen MAN NG 272.2, Wg. 61, und die drei letzten Mercedes-Benz O 405 N, Wg. 20, 28, und 29, nicht vor Ort. Die Fahrzeuge wurden zur Enttäuschung einiger Busfreunde gegenüber am Messepark geparkt. Obwohl schon in den Sommerferien abgestellt, wurde der 61er Ende September 2013 knapp zwei Wochen vor seinem 20. Geburtstag offiziell stillgelegt. Mit ihm geht die Zeit der allerersten in Landshut eingesetzten Gelenkbusse zu Ende.
Achim Woisetschläger
Abschiedsfahrt vom MAN NG 272.2, Wg. 61 – Sag´ zum Abschied leise Servus:
Nun ist die MAN Ära bei den Stadtwerken endgültig vorbei. Nicht nur was im Einsatz befindliche Fahrzeuge betrifft – das ist ja schon länger Geschichte – nein, jetzt ist auch vom Betriebshof der letzte Bus dieses Herstellers verschwunden. Wagen 7561, seit über 20 Jahren stets in Landshut zu finden, hat nun seine letzte Reise angetreten. Am 29.03.2014 verließ er die Stadt nicht ohne eine letzte Tour durch Landshut, bei der es Gelegenheit zu vielen schönen Bildern gab. Besonders möchten wir uns noch bei Sebastian Götz bedanken, der uns diese tollen Bilder ermöglichte.
- Altstadt
- Hauptbahnhof
- Hauptbahnhof (regional)
- Wolfgangschule
- Eichenstraße
- Rebenring
- Eugenbach
Gut und ansprechend formuliert, Achim…
Servus Werner,
vielen Dank für die Blumen. Freut mich, daß Dir der Beitrag gefällt.
Gruß
Achim
Hallo,
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LaBusblog